Eine korrekt ausgelegte Wärmepumpe ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern gleichzeitig bei den Investitions- und Betriebskosten gut für den Geldbeutel. Quelle: Ansgar Schwarz
12.02.2024  Pressemeldung Alle News von WOLF

WOLF: Mit Augenmaß die Heizlast im Bestand ermitteln

Große Leistungsreserven bei Wärmepumpen einzubauen ist nicht sinnvoll, da „viel“ Leistungsreserve nicht wirklich viel hilft. Die richtige Größe ist aber die Voraussetzung für einen effizienten Betrieb.

Eine korrekt ausgelegte Wärmepumpe ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern gleichzeitig bei den Investitions- und Betriebskosten gut für den Geldbeutel. Zur Ermittlung des tatsächlichen Wärmebedarfs eines Gebäudes dient die Heizlastberechnung nach DIN 12831.

Die Heizlast eines Gebäudes ist die Leistung, die erbracht werden muss, um die Innentemperatur in einem Haus bei einer definierten, extrem kalten Wetterlage aufrechtzuerhalten. Oder umgekehrt: Sie ist eine Angabe, wieviel Wärme ein Gebäude in einem solchen Fall verliert. Wärmeverluste entstehen, weil Wärme unter anderem über das Dach, die Wände, Fenster, Türen und den Boden abfließt.

Mit der Heizlastberechnung nach DIN 12831 wird die maximale Heizlast für ein Gebäude ermittelt. Anhand der Heizlast kann jeweils die Größe

  • des Wärmeerzeugers (Betrachtung des gesamten Gebäudes),
  • der Wärmeabgabesysteme (Heizkörper/Flächenheizsysteme, raumweise Betrachtung) und
  • der Wärmeverteilsysteme

des Heizsystems eines bestimmten Gebäudes ermittelt werden. Sie ist jedoch nicht zu verwechseln mit der Leistungsgröße einer Wärmepumpe, da die Leistung von Wärmepumpen von den Ein- und Ausgangstemperaturen abhängig ist.

Fünf überschlägige Verfahren

Um die Heizlast und die zusätzlich benötigte Energiemenge für die Warmwasserbereitung zu ermitteln, unterscheidet man grundsätzlich zwischen überschlägigen und genauen Verfahren – je nach gewünschter Genauigkeit.
In der Angebotsphase bieten sich für den Handwerker fünf überschlägige Verfahren für die Ermittlung der Heizlast an:

1. auf der Grundlage von Baujahr und Wohnfläche
2. auf der Basis von Verbrauchsdaten der letzten drei Jahre
3. nach EnEV-/GEG
4. über die spezifische Heizleistung oder
5. nach DIN/TS 12831-1.

Die Berechnung der Heizlast gemäß DIN/TS 12831-1 Abschnitt 7 bietet die besten überschlägigen Ergebnisse, ist jedoch deutlich aufwändiger.

Eine exakte raumweise Berechnung nach DIN EN 12831-1 Abschnitt 6 setzt dagegen die Expertise von Planungsbüros oder anderen Dienstleistern wie z. B. Energieberatern voraus, da die Ermittlung auf umfangreichen Gebäudedaten wie Flächen, Wärmedurchgangskoeffizienten aller Bauteile, Raumvolumen aller Räume, Auslegungsdaten des Lüftungssystems, die Norm-Innen- und Außentemperatur etc. beruht. 

Ermittlung der Heizlast nach Baujahr und Wohnfläche

Zur überschlägigen Heizlastermittlung durch Baujahr und Wohnfläche werden folgende Daten erfasst:

  • Gesamtwohnfläche (warme und kühlere Räume)
  • Spezifischer Heizleistungsbedarf für Gebäude gemäß Baujahr (siehe Abbildung 1).

Die Wohnflächen werden mit dem spezifischen Heizleistungsbedarf multipliziert. Diese Berechnung erfasst jedoch nicht, ob seit dem Erstbezug bereits energetische Sanierungsmaßnahmen wie zum Beispiel der Einbau neuer Fenster erfolgt sind. Die ermittelte Heizlast fällt deshalb oft zu hoch aus und birgt die Gefahr, dass eine zu große Wärmepumpe ausgewählt wird. Das Verfahren ist von den fünf oben aufgeführten am wenigsten präzise, weil sich die meisten Bestandsgebäude energetisch nicht mehr im Originalzustand befinden.

Ermittlung der Heizlast nach Verbrauch

Zur Ermittlung der Heizlast anhand des Verbrauchs der letzten drei Jahre sind folgende Daten erforderlich:

  • Vollständiger Verbrauch sämtlicher Energieträger in den letzten drei Jahren
  • Divisoren der Energieträger von Deutschland für den normalen Brauchwasserverbrauch von Ein- und Zweifamilienhäusern (für 1.900 Vollbenutzungsstunden und einen Kesseljahresnutzungsgrad von 75 %). Diese sind notwendig, um den Energiebedarf zur Warmwasserbereitung nicht mit der Raumheizlast zu verrechnen.

Der Durchschnittsverbrauch der einzelnen Energieträger pro Jahr wird ermittelt, um jährliche Schwankungen auszugleichen. Anschließend wird der Wert durch den entsprechenden Divisor geteilt (siehe Tabelle). Man erhält somit die Heizlast. Sind mehrere Energieträger vorhanden, werden deren individuelle Heizlasten addiert.

Dieses Verfahren berücksichtigt nicht, ob ein Gebäude komplett oder nur teilweise beheizt wurde. Es ist beispielsweise auch nicht nachvollziehbar, wie das Lüftungsverhalten auf den Verbrauch eingewirkt hat, wie ineffizient die Bestandsheizung arbeitet oder für wie viele Personen das Warmwasser erzeugt wurde. So könnte auch in diesem Fall die ermittelte Heizlast und damit die Wärmepumpe entweder zu klein oder zu groß ausfallen.

Zwei Verfahren mit Daten vom Energieberater

Die erforderlichen Daten für das Verfahren nach EnEV-/GEG ermittelt im Bestandsbau üblicherweise der Energieberater im Rahmen der Erstellung eines Energieverbrauchsausweises.

Die spezifische Heizleistung (4. Verfahren) ist eine Schätzmethode, die beschreibt, wie hoch die durchschnittliche Wärmezufuhr pro m² Wohnfläche sein muss, um sie zu beheizen. Im Bestandsbau bescheinigt sie üblicherweise ebenfalls der Energieberater im Rahmen der Erstellung eines Energiebedarfsausweises. Die Basiswerte dazu basieren auf Tabellenwerten mit Leistungsfaktoren in Abhängigkeit vom Baujahr, wie sie zum Beispiel im Nationalen Anhang zur DIN EN 15378 zu finden sind.

Ermittlung der Heizlast nach DIN/TS 12831-1 Abschnitt 7

Um die Heizlast normgerecht nach DIN/TS 12831-1 Abschnitt 7 überschlägig zu ermitteln, greift man auf deutlich mehr Daten zurück:

  • Endenergieverbrauch von Erdgas bzw. Heizöl in kWh
  • Art und Alter der bestehenden Heizung (in Form von Faktoren)
  • Energieverbrauch zur Trinkwassererwärmung
    (Warmwasserkomfort wird über die Personenanzahl geschätzt und nicht über die Wohnfläche bestimmt)
  • Gradtagszahl
  • Heizgrenztemperatur in Bestandsgebäuden (15 °C)
  • Norm-Außentemperatur am Gebäudestandort (Siehe Karte Abbildung 2)

Die Gradtagszahl GTZ  

Die Gradtagszahl (= Heizgradtage) GTZ ergibt sich aus der Summe aller Tage, an denen die Temperatur unterhalb der Heizgrenze liegt, bei der normalerweise die Heizung in Betrieb geht. Außentemperaturen oberhalb der Heizgrenztemperatur fließen nicht in die Berechnung der Gradtagszahl ein.

Die Gradtagszahl berechnet sich durch Aufsummieren der Produkte Di * Ni wobei Ni die Häufigkeit in Tagen, mit der eine Temperatur unterhalb der Heizgrenztemperatur Tgrenz innerhalb eines Jahres auftritt, beschreibt. Für Temperaturen unterhalb der Heizgrenztemperatur Tgrenz beschreibt Di die Differenz zwischen der Heizgrenztemperatur Tgrenz und der Normaußentemperatur DNorm.

Dabei geht man konservativ (für sehr schlecht gedämmte Gebäude) von einer Raumtemperatur von 20 °C aus. Entsprechend ist die Gradtagszahl hoch, wenn es draußen lange kalt ist. Zur korrekten Ermittlung hat das Institut Wohnen und Umwelt (IWU) ein Online-Tool entwickelt, das heruntergeladen werden kann unter www.iwu.de/publikationen/fachinformationen/energiebilanzen/#c205.

Vollbenutzungsstunden

Über die Norm-Außentemperatur, die Gradtagszahl sowie die Heizgrenztemperatur werden die Vollbenutzungsstunden tFLH ermittelt; also die Dauer, die ein Wärmeerzeuger mit Nennleistung theoretisch betrieben werden müsste, um den rechnerisch ermittelten Jahreswärmebedarf zu decken. In der Praxis liegt die Zahl der Betriebsstunden höher, da die Heizanlage in vielen Zeiträumen im Jahr mit reduzierter Leistung nur in Teillast betrieben wird.

Normaußentemperaturen in Deutschland

Da Deutschland verschiedene Klimabereiche hat, wird die Heizlast jeweils individuell für einen bestimmten Standort festgelegt. Als Grundlage dafür dienen sogenannte Normaußentemperaturen, die in der Norm DIN/TS 12831-1:2020-04 festgelegt wurden. Die Normaußentemperatur eines bestimmten Standortes beschreibt in einer Kälteperiode die tiefste Außentemperatur, die 10mal mindestens an zwei aufeinanderfolgenden Tagen gemessen wurde.

Die entsprechende Deutschland-Karte ist in insgesamt 8.199 Bereiche eingeteilt (siehe Abbildung 2). Sie beruhen auf neuen meteorologischen Daten, welche die Auswirkungen des Klimawandels bereits berücksichtigen, und beziehen außerdem die durch hohe Bebauungsdichte entstehenden Wärme-Inseleffekte sowie Höhenlagen mit ein. Die Normaußentemperatur ist damit bezogen auf die Heizlastberechnung eines Gebäudes eine gebäudeunabhängige Größe (www.waermepumpe.de/normen-technik/klimakarte).

Erzeugernutzwärmeabgabe pro Jahr

Aus dem Endenergieverbrauch in kWh der alten Heizung, ihrer Art und ihrem Alter (in Form von Faktoren) sowie über den Energieverbrauch zur Trinkwassererwärmung wird die Erzeugernutzwärmeabgabe pro Jahr ermittelt.

Diese wird im Wesentlichen durch einen spezifischen Energieinhalt des jeweiligen Energieträgers ([kWh/l], [kWh/kg], [kWh/m³], …) multipliziert mit einem (gemittelten) Mengenverbrauch ([l/a], [m³/a], [kg/a], …) bestimmt.

Zu guter Letzt teilt man die Erzeugernutzwärmeabgabe durch die Vollbenutzungsstunden und erhält dadurch eine gute überschlägige Schätzung der Heizlast eines Gebäudes, die bereits die Warmwasserbereitung miteinschließt.

Streng genommen erhält man auf diese Weise nicht die reine Gebäuderaumheizlast. Diese kann über den Verbrauch nur ermittelt werden, sofern der Energiebedarf zur Warmwassererzeugung herausgerechnet wird. Dazu existieren mehrere Verfahren, die wahlweise die Nutzerzahl, bestimmte Zapfprofile, die Wohnfläche oder auch Kombinationen heranziehen.

Verfahren der Norm DIN EN 12831-1 Abschnitt 6

Wer die Heizlast exakt ermitteln möchte, um zum Beispiel nach Auftragserteilung genau und raumweise eine Heizung und die Wärmeübertrager auszulegen, ist in der Regel auf die Unterstützung von Fachplanern angewiesen. Denn bei dieser Berechnung werden sämtliche Gebäudeteile betrachtet. Dies wird häufig über ein 3D-CAD-Abbild des Gebäudes realisiert, kann aber grundsätzlich auch tabellarisch erfolgen.

Das im Vergleich zu den überschlägigen Verfahren deutlich aufwändigere Verfahren ist in der Norm DIN EN 12831-1 Abschnitt 6 beschrieben.

In die raumweise Berechnung der Heizlast ΦHL fließen sowohl Gebäude- als auch Umgebungsdaten ein:

  • Transmissionswärmeverlust sämtlicher Bauteile pro Raum ΦT,i
  • Lüftungswärmeverlust pro Raum ΦV,i
  • Zusätzliche Aufheizleistung nach einer Heizpause ΦRH
  • Erdreich (g)
  • Äußere Umgebung (e)
  • Beheizter Raum (l)
  • Normaußentemperatur PLZ-genau zwischen -17 und -7 °C (diese sind auch Bestandteil der einfachen Verfahren)
  • Unbeheizter Raum (u)

Die Heizlast ergibt sich aus der Summe aller Transmissionswärmeverluste und Lüftungswärmeverluste sowie der zusätzlichen Aufheizleistung. Die Werte, die in diese raumweise Heizlastberechnung einfließen, stammen entweder vom Gebäude und wie beim überschlägigen Verfahren von den Norm-Außentemperaturen des Standortes, oder sie sind von den Wünschen der Nutzer hinsichtlich der zu erreichenden Raumtemperatur abhängig. In der Regel wird für alle Wohnräume einschließlich Flure eine Raumtemperatur von 20 °C angesetzt, während für Bäder und Ankleideräume 24 °C veranschlagt werden.

Die Innen- und Außentemperaturen werden für die normative Berechnung als konstant angenommen. Da damit die realen Verhältnisse vereinfacht betrachtet werden, handelt es sich um einen stationären Berechnungsansatz. Bei der Berechnung ebenfalls vernachlässigt werden innere Wärmeeinträge (zum Beispiel durch Personen und Elektrogeräte) und in Deutschland außerdem die Effekte durch Sonneneinstrahlung.

Der Energieverbrauch zur Trinkwassererwärmung wird entweder über die Wohnfläche oder die Personenanzahl geschätzt, kann aber ebenso wie die Raumtemperatur individualisiert werden.

Der WOLF Wärmepumpen-Konfigurator

Um insbesondere zu Beginn der Planungsphase den Aufwand für den Fachhandwerker zu vereinfachen, kann der neue WOLF Wärmepumpen-Konfigurator in Anlehnung an die Richtlinienreihe VDI 4650 hilfreich sein. Er deckt die vier zuerst beschriebenen Methoden zur Heizlastberechnung ab. Dieses Tool wurde zusammen mit Fachhandwerkern entwickelt und bildet überschlagsweise neben der Heizlast auch unterschiedliche Nutzerverhalten über vordefinierte, personennormierte Warmwasserbedarfe ab. Der Konfigurator bietet auf kurzem Weg eine einfache und schnelle Auslegung für eine WOLF Wärmepumpe.

Die Funktionalitäten werden laufend erweitert – so sind z. B. Länderadaptionen, die Ausweitung auf Hybridsysteme sowie eine erweiterte grafische Ergebnisdarstellung geplant. Der WOLF Wärmepumpen-Konfigurator ist jedoch nicht als Ersatz für eine tiefergehende, detaillierte Beratung wie z.B. durch einen Energieberater zu verwenden.

Zu finden ist das Tool für registrierte Fachhandwerker im myWOLF Portal. Mehr Informationen unter www.wolf.eu/profi/wp-konfigurator.

Tabelle für die überschlägige Heizlastermittlung nach Verbrauch:

Autoren:

Tom Krawietz, Teamleiter Entwicklung Wärmepumpen
Simon Sporer Product Owner Digitalisierung

Wolf GmbH
Wolf GmbH
Industriestr. 1
84048 Mainburg
Deutschland
Telefon:  08751 - 74-0